Mittwoch, 11. September 2013

Plötzlich ist September...


...und alles mit einem Mal anders. Die Luft zu früher Stunde hat eine mir bislang unbekannte, frische Note angenommen und kündigt die neue Jahreszeit an. Aufbruchstimmung. Meine fünf Monate als Stadtschreiberin von Košice sind vorbei. Noch schaue ich mich nach ihnen um und staune darüber, in welch rasendem Tempo sie vorbeigezogen sind. 

Am Morgen meines Auszugs aus dem ungarischen Thália Theater höre ich nach längerer Zeit wieder den Klang der Musikinstrumente aus dem Konservatorium gegenüber meiner Dachwohnung. Aus den geöffneten Fenstern der Klassenräume drängt die Melange aus Geigen und Trompeten zu mir herüber. Das neue Schuljahr hat begonnen. Die Musikkulisse, die mich bis zum Sommer während meines Aufenthaltes hier in Kaschau begleitet hat, ist wieder zum Leben erwacht, nach fast zwei Monaten anhaltendem Dornröschenschlaf. 



Die Sommerpause ist vorüber. Im ungarischen Theater wuseln die Angestellten erneut auf den Gängen. In zwei Tagen wird ein Dramaturg anreisen, sogleich darauf beginnen im Studio die Proben für das nächste Stück. 

Mitten in dem Treiben packe ich die letzten Bücher in meine Kisten und genieße ein letztes Mal den Ausblick auf den Elisabethdom und den Kirchturm des Dominikanerklosters. Die vielen orangefarbenen Dächer mit ihren Schornsteinen werden mir fehlen.


Als ich meine Koffer aus dem Theater trage und ins Auto meines Großvaters lade, bemerke ich die hübsch gekleideten Jungen und Mädchen, die lachend auf dem Schulhof ihre erste Pause nach den langen Sommerferien genießen. Anlässlich dieses ersten Schultags haben sie die schickste Garderobe aus dem Kleiderschrank geholt. Der feierliche Dresscode verstärkt meine ohnehin schon wehmütige Stimmung. 

Mit Berti, dem verschmitzt lächelnden Hausmeister werde ich nun nicht mehr plaudern; die monatlich wechselnden Frisuren der Concierge Valika nicht mehr bestaunen können. Die Angestellten des Theaters sind mir ans Herz gewachsen. Das Leben unter einem Dach mit dieser ungarischen Truppe, deren Sprache ich nicht verstehe, ist mir ein Zuhause geworden. Nun muss ich aufbrechen, Abschied nehmen und wieder einen Neuanfang wagen.

In die Wehmut mischt sich aber auch Freude und Dankbarkeit. Durch den fünfmonatigen Aufenthalt in Košice bekam ich die Gelegenheit diese Stadt, diese Region sowie meine slowakischen Wurzeln neu zu entdecken. Mir werden unvergessliche Momente und Begegnungen mit besonderen Menschen in Erinnerung bleiben.

– Und dabei bleibt noch so Vieles zu entdecken! Fünf Monate reichen kaum aus, über all meine Eindrücke in dieser Stadt zu schreiben. Doch Eines ist sicher: ich komme wieder!

Ich möchte an dieser Stelle meinen Dank aussprechen an die vielen Menschen, die mir meine Tätigkeit als Stadtschreiberin in Kaschau/Košice ermöglicht haben. An erster Stelle gilt mein Dank dem Deutschen Kulturforum östliches Europa, welches das Stadtschreiberstipendium vor fünf Jahren ins Leben gerufen hat. Mein besonderer Dank gilt dabei den Mitarbeitern Tanja Krombach und André Werner, die mir bei allen Fragen stets mit Rat und Tat zur Seite standen. Ebenso danke ich der Kulturhauptstadtorganisation Košice 2013, dabei im Speziellen dem Künstleraustauschprogramm K.A.I.R. (Košice Artists in Residence). Dieses hat mich in der Stadt untergebracht und in das soziale Leben integriert. Für den herzlichen Empfang, die professionelle Betreuung und die unermüdliche Unterstützung vor Ort möchte ich Adela Foldynová und Zuzana Kotiková danken. Ohne diese beiden, ihren Freunden und Bekannten wäre mein Aufenthalt nur halb so anregend wie lebendig und mein Tagespensum bei Weitem nicht so ausgefüllt gewesen…


Meinem Freund danke ich für seine kritischen Anmerkungen zu meinen Texten, für seine Geduld und die offenen Ohren zu jeder Tageszeit. Auch danke ich meiner Familie, insbesondere meiner Mutter, für ihre Unterstützung. Ohne die Liste endlos in die Länge ziehen zu wollen, bin ich nicht zuletzt auch den Lesern dankbar: ihre ermutigenden Leserbriefe sowie auch ihre aufmerksamen Hinweise haben mich stets beflügelt!

Danke und Ahoj!

P.S. Košice kehre ich noch nicht den Rücken. Für ein Folgeprojekt werde ich noch ein wenig hier verweilen und stürze mich sogleich voller Begeisterung ins nächste Abenteuer! 

P.P.S. Mehr zum Folgeprojekt sowie zu meinem Aufenthalt in der Kulturhauptstadt zu hören und zu sehen gibt es am 26.09 um 20 Uhr in der Öffentlichen Bibliothek Ján Bocatius, Hviezdoslavova 5. Ich freue mich auf eine persönliche Begegnung!

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1 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Liebe Kika, ich habe den Film gesehen und weiss jetzt, wo Eure Wurzeln sind. Ich fand ihn informativ und Dich fand ich wunderbar. Aber als ich Deinen Abschiedtext gelesen habe, musste ich weinen, weil ich mir genau vorstellen kann, wie es Dir geht. Als ich vor 20 Jahren Boston nach anderthalb Jahren verlassen musste, war das schrecklich für mich.Ich wünsche Deinem neuen Projekt, was immer es ist, viel Erfolg und Dir, dass Du weiterhin so glücklich Deinem guten Stern folgst. ich freue mich auf unser nächstes Wiedersehen und schicke eine grosse Umarmung nach Košice. Nur Gutes, Erika

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