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Mittwoch, 28. August 2013

Rückkehr in die windige Stadt


Foto: Mathias Budzinski


Seit meiner Ankunft in meiner neuen, alten, Heimat säuselt er um meine Ohren. Es ist der Nordwind, der fortwährend  in den Kaschauer Talkessel hineinzieht. Košice ist umgeben von einer grünen bewaldeten Hügellandschaft, die die Stadt schützend wie eine Burg umschließt und den warmen Föhn einfängt. 

Der Wind, der Wind. Wie ein treuer Begleiter durchzieht ein luftiger Strom die Gässchen und Plätze der Innenstadt. Mal ist er sanftmütig, dann flüstert er heimlich vor sich hin, mal ist er impulsiv, dann rauscht und fegt er wild über die langen Korridore bis in den hintersten Winkel. Mal pustet er inbrünstig herab auf den Marktplatz oder kitzelt verspielt wie eine Feder über die Haut.

Er ist nicht zu vergleichen mit Hamburgs böiger, manchmal beißender Brise. Der angenehme Luftstrom wanderte schon seit jeher durch das Kaschauer Tal. Auch meine Mutter ist mit ihm seit Kindertagen vertraut. Sie empfahl mir eines ihrer liebsten Kinderbücher zu lesen, welches den Wind durch die Augen eines Kindes beschreibt: „Betka a Veterné mesto“ (Betka und die windige Stadt). In diesem Roman beschreibt Božena Mačingová (*1922), eine slowakische Kinder- und Jugendbuchautorin, das Leben des Grundschulmädchens Betka in ihrer Heimatstadt Košice. 

Betka begleitet der Wind Tag für Tag, bis in ihren nächtlichen Schlaf hinein. In ihrem Traum fliegt sie über die Dächer und die Kirchtürme der Stadt. Der rauschende Wind macht manchen Kindern Angst. Doch für das Schulmädchen ist er ein ständiger Begleiter, genauso wie für mich:  „Er singt vor sich hin. Man muss ihn nur verstehen, “ sagt Betka, die Heldin des Romans an einer Stelle.

Der Kinderroman „Betka a Veterné mesto“ (Betka und die windige Stadt) aus dem Jahre 1983 ist heute nur noch im Antiquariat zu bekommen. Ich erwarb ihn beim Onlinehändler „ČierneNaBielom“ für antiquarische Bücher. Ein Stempel „Klub abstinentov“ im Buch weist auf einen eigentümlichen Vorbesitzer hin… 
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