...und alles mit einem Mal anders. Die Luft zu früher Stunde hat eine mir bislang unbekannte,
frische Note angenommen und kündigt die neue Jahreszeit an. Aufbruchstimmung.
Meine fünf Monate als Stadtschreiberin von Košice sind vorbei. Noch schaue ich
mich nach ihnen um und staune darüber, in welch rasendem Tempo sie
vorbeigezogen sind.
Am Morgen meines Auszugs aus dem ungarischen Thália Theater
höre ich nach längerer Zeit wieder den Klang der Musikinstrumente aus dem
Konservatorium gegenüber meiner Dachwohnung. Aus den geöffneten Fenstern der
Klassenräume drängt die Melange aus Geigen und Trompeten zu mir herüber. Das
neue Schuljahr hat begonnen. Die Musikkulisse, die mich bis zum Sommer während
meines Aufenthaltes hier in Kaschau begleitet hat, ist wieder zum Leben
erwacht, nach fast zwei Monaten anhaltendem Dornröschenschlaf.
Die Sommerpause ist vorüber. Im ungarischen Theater wuseln die Angestellten
erneut auf den Gängen. In zwei Tagen wird ein Dramaturg anreisen, sogleich darauf
beginnen im Studio die Proben für das nächste Stück.
Mitten in dem Treiben packe ich die letzten Bücher in meine Kisten und
genieße ein letztes Mal den Ausblick auf den Elisabethdom und den Kirchturm des
Dominikanerklosters. Die vielen orangefarbenen Dächer mit ihren Schornsteinen
werden mir fehlen.
Als ich meine Koffer aus dem Theater trage und ins Auto meines Großvaters
lade, bemerke ich die hübsch gekleideten Jungen und Mädchen, die lachend auf
dem Schulhof ihre erste Pause nach den langen Sommerferien genießen. Anlässlich
dieses ersten Schultags haben sie die schickste Garderobe aus dem Kleiderschrank
geholt. Der feierliche Dresscode verstärkt meine ohnehin schon wehmütige Stimmung.
Mit Berti, dem verschmitzt lächelnden Hausmeister werde ich nun nicht mehr
plaudern; die monatlich wechselnden Frisuren der Concierge Valika nicht mehr
bestaunen können. Die Angestellten des Theaters sind mir ans Herz gewachsen.
Das Leben unter einem Dach mit dieser ungarischen Truppe, deren Sprache ich nicht
verstehe, ist mir ein Zuhause geworden. Nun muss ich aufbrechen, Abschied
nehmen und wieder einen Neuanfang wagen.
In die Wehmut mischt sich aber auch Freude und Dankbarkeit. Durch den
fünfmonatigen Aufenthalt in Košice bekam ich die Gelegenheit diese Stadt, diese
Region sowie meine slowakischen Wurzeln neu zu entdecken. Mir werden
unvergessliche Momente und Begegnungen mit besonderen Menschen in
Erinnerung bleiben.
– Und dabei bleibt noch so Vieles zu entdecken! Fünf Monate reichen kaum
aus, über all meine Eindrücke in dieser Stadt zu schreiben. Doch Eines ist
sicher: ich komme wieder!
Ich möchte an dieser Stelle meinen Dank aussprechen an die vielen Menschen,
die mir meine Tätigkeit als Stadtschreiberin in Kaschau/Košice ermöglicht
haben. An erster Stelle gilt mein Dank dem Deutschen Kulturforum östliches
Europa, welches das Stadtschreiberstipendium vor fünf Jahren ins Leben gerufen
hat. Mein besonderer Dank gilt dabei den Mitarbeitern Tanja Krombach und André
Werner, die mir bei allen Fragen stets mit Rat und Tat zur Seite standen.
Ebenso danke ich der Kulturhauptstadtorganisation Košice 2013, dabei im Speziellen dem Künstleraustauschprogramm K.A.I.R. (Košice Artists in
Residence). Dieses hat mich in der Stadt untergebracht und in das soziale Leben
integriert. Für den herzlichen Empfang, die professionelle Betreuung und die
unermüdliche Unterstützung vor Ort möchte ich Adela Foldynová und Zuzana
Kotiková danken. Ohne diese beiden, ihren Freunden und Bekannten wäre mein Aufenthalt
nur halb so anregend wie lebendig und mein Tagespensum bei Weitem nicht so ausgefüllt
gewesen…
Meinem Freund danke ich für seine kritischen Anmerkungen zu meinen Texten,
für seine Geduld und die offenen Ohren zu jeder Tageszeit. Auch danke ich
meiner Familie, insbesondere meiner Mutter, für ihre Unterstützung. Ohne die
Liste endlos in die Länge ziehen zu wollen, bin ich nicht zuletzt auch den
Lesern dankbar: ihre ermutigenden Leserbriefe sowie auch ihre aufmerksamen
Hinweise haben mich stets beflügelt!
Danke und Ahoj!
P.S. Košice kehre ich noch nicht den Rücken. Für ein Folgeprojekt werde
ich noch ein wenig hier verweilen und stürze mich sogleich voller Begeisterung
ins nächste Abenteuer!
P.P.S. Mehr zum Folgeprojekt sowie zu meinem Aufenthalt in der Kulturhauptstadt zu hören und zu sehen gibt es am 26.09 um 20 Uhr in der Öffentlichen
Bibliothek Ján Bocatius, Hviezdoslavova 5. Ich freue mich auf eine persönliche
Begegnung!