Dienstag, 30. Juli 2013

Platz der Dominikaner


Er ist mein absoluter Lieblingsplatz. Keiner verwandelt so sehr sein Gesicht bei Tag und Nacht. Morgens strömen die Menschen auf den Markt, der Geruch von frischem Dill, Schnittblumen und reifen Nektarinen durchdringt den Platz. Nachmittags kehrt Ruhe ein.

Er hat Charakter. Ein ständiger Windzug durchzieht den korridorartigen Platz und gibt ihm sein mediterranes Flair. Der Wind macht mich glücklich, lebendig. – Ein bisschen Hamburg, nur wärmer.

Der einst beliebte Platz für Drogendealer hat sich binnen den letzten Jahren zu einem Ruhepol inmitten des Stadtkerns verwandelt. Ich weiß gar nicht, wie viele Cappuccini ich schon hier getrunken habe…


Bei Nacht

Am Tag

Der Dominikanerplatz verdankt seinen Namen dem Dominikanerkloster, welches hier bereits zu Anfang des 13. Jahrhunderts gegründet worden ist. Die im Mittelalter errichtete Dominikanerkirche gehört neben dem Dom der Heiligen Elisabeth zu den ältesten Gotteshäusern von Košice. 

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Sonntag, 28. Juli 2013

Kaschauer Slang für Fortgeschrittene


Als ich mich auf die Suche nach noch mehr Kaschauer Mundart begeben wollte und meine Freunde hier in Košice um Hilfe bat, verwiesen mich alle unisono auf den alternativen Stadtführer KSC. Dieser enthält ein Wörterbuch mit der lokalen Umgangssprache, dem „Kaschauer Slang“. 

Leider ist dieses Buch der NGO „Východné pobrežie“ (zu Deutsch: Ostufer) restlos ausverkauft und wird von den wenigen, die noch eines erhaschen konnten, sorgsam gehütet wie ein seltener Schatz. 


Es war eine kleine Odyssee, bis ich das Buch endlich in den Händen halten durfte. Gemeinsam mit meinem Freund Igor Kupec erstellten wir sogleich eine Hitliste. 

Das Ergebnis ist eine kleine Übersicht über die charakteristischsten Begriffe der Kaschauer Mundart,  die man unbedingt benötigt, um hier zu überleben –  wenngleich auch nur hier in Košice...


Eine kleine Lesehilfe:


Z wird weich, stimmhhaft gelesen, wie z.B. Singen, Seele

Č wird wie „Tsch“ gelesen, wie z.B: „Tschechien“

Š wird wie „sch“ gelesen

V wird wie „w“ gelesen

Y wird wie „i“ gelesen

Bei Vokalen mit Akzent ý, á wird die Silbe lang gesprochen

Bei Konsonanten mit Akzent wie ť, ď wird der Buchstabe weich gesprochen „dj“ oder „tj“


ara!                                      Achtung
 
barz                                     ziemlich, ganz schön

Bazmeg City                    so nennen Locals ihre Stadt Košice
                                            (bazmeg, ungarisches Schimpfwort)

bitang                                  gerissener Typ

brika                                   Tram, Straßenbahn

čaja                                     Mädchen, junge Frau, Freundin

čávo                                   junger Typ mit selbstbewusstem Auftreten
                                             und lässigem Gang

das                                      ungefähr

dakus                                 ein bisschen

degeš                                  Idiot

dig                                       schau mal (es folgt etwas Wichtiges)

dzivý/fasa                         cool, genial, großartig

flipovať                               Spaß haben, sich herumtreiben

gádžo                                  urspr. ein Nicht-Rom, ein Bauer

geňo                                    starke Beleidung

hej ne?                                Stimmt’s?/ Ist doch so, oder?

koňar                                  Bürger aus Prešov (für Kaschauer)

lámať čaje                           Frauen anbaggern

lignúť                                  Haushoch verlieren

lóve                                    Geld, Moneten, Knete

mište                                   abgefahren

muka                                   Langeweile

nožkar                               Muckibudentyp, interessiert an Autos
                                             Handys und schönen Frauen 

ojeb                                    Betrug

pecka                                  klasse, spitzenmäßig

šrác                                     Junge, junger Mann

segiň                                    der Arme (mit mitleidigem Unterton)

šupak                                   Versager

šuvix                                     “…das ist noch gar nichts gegen…”

vraňar                                  Kaschauer (Bezeichnung aus Prešov)

VKV                                    Abkürzung: heftiger Wind in Kaschau

zjeb                                     etwas Lustiges


ta                                         meist zu Beginn eines jeden Satzes
                                             halt, tja, Füllwort


Beispiele

Ako sa máš? – Ale, ta!   „Wie geht’s dir? – „Frag lieber nicht.“

Ta de                                    Nein, auf keinen Fall

Ta ne?                                  Ja klar! wörtlich: „Ja, nicht?“

Ta jak!                                  Natürlich

Ta hej, ne?                         Ja klaro! / Ist doch klar, oder?

Ta…                                       Weiß auch nicht

Ta ty tu?                              Du hier?!



Inspiriert von den Texten von Viktor Hvižďák und Juliana Sokolová des Wörterbuchs im alternativen Stadtführer KSC 2010, herausgegeben von „Východné pobrežie“ (Mišo Hudák und Lucia Jarošová). Danke an Juliana und Igor für eure Hilfe!


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Samstag, 27. Juli 2013

Kleine Einführung in die Kaschauer Mundart


Als ich neulich morgens meine Runden im türkisblauen 50-Meter-Becken des Freibads im Kaschauer Stadtpark schwamm, bemerkte ich, dass dies offensichtlich der beste Ort ist, um in die Geheimnisse der lokalen Jugendsprache einzutauchen. 


Zwei Jungs schielten zu einer Gruppe von Mädchen herüber, die in Bikinis am Beckenrand ihre Unterschenkel im kühlen Nass taumeln ließen. « Ta vidiš tam tie dve čaje », („Hey schau mal, die beiden Mädels da“) sagte einer der beiden und stieß seinen Kumpel an. Wenige Minuten später saßen die beiden schon mit am Beckenrand, nur wenige Zentimeter entfernt von ihren weiblichen Altersgenossen.

Diese Szene alltäglicher Annährung versteht nur, wer mit den Worten „Čaja“ (sprich tschája) und  „šrác“ (schrátz) vertraut ist. „Čaja“ bedeutet im Kaschauer Slang « Mädchen » und „šrác“ bedeutet Junge. Die Worte haben nichts mit den eigentlichen slowakischen Begriffen wie dievča (=Mädchen) oder chlapec (=Junge) zu tun. Eher hat der historisch bedingte hohe Anteil ungarischer Muttersprachler in der Stadt sowie das Romani, bzw. das politisch unkorrekte „Zigeunerisch“, die Alltagssprache der Kaschauer beeinflusst. 

Dem Inhalt des Gesprächs am Beckenrand konnte ich nicht wirklich folgen – nur ab und zu drang lautes Kichern zu mir herüber. „Ty kokso!“ prustete ein Mädchen plötzlich hervor. 

Den Ausdruck „Ty kokso“ höre ich hier so gut wie 25 Mal am Tag – zu übersetzen wäre er ungefähr mit „Oh Mann“ oder „Alter“. Welch phänomenalen Aufschwung der Begriff „kokso“ bereits über die Kaschauer Grenzen hinaus genommen hat, beweist im Übrigen auch die slowakische Titelübersetzung eines deutschen Films aus dem vergangenen Jahr. Jan Ole Gersters „Oh Boy“ verwandelten die Slowaken just in „Ty kokso“

Die Internetseite „Necyklopedia.wikia.com“ (leider nur auf Slowakisch) erklärt Begriffe der Kaschauer Mundart. Auf dieser Seite erfahre ich, auf wen sich „Čaja“ in Wirklichkeit bezieht…

„Das Wort „čaja“ hat man sich in Kaschau ausgedacht, um eine Person weiblichen Geschlechts zu bezeichnen, deren Parameter wie folgt lauten: unter 27 Jahre und bis 72,5 Kilo. Auf jeden Fall ist die Bezeichnung „čaja“ Ausdruck von Anerkennung und Hinweis darauf, dass die Person ein gewisses Maß an Respekt, Charme oder Sexappeal besitzt.“

Und wie vermutlich die Parameter für einen echt kernigen „šrác“ lauten, kann ich mir schon fast selbst denken...



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