Man muss nicht lange suchen, um in
Košice auf Spuren des Kommunismus zu stoßen. Sie sind allgegenwärtig. Die
Plattenbausiedlungen, die sich auf den Hängen rund um den Stadtkessel erstrecken,
sind das markanteste Zeugnis ihrer Zeit. Viele Straßennamen oder sogar ganze
Bezirke in Košice erinnern an die Ära des Kaltes Kriegs – den „Krieg der
Sterne“.
Mein Spaziergang durch den
Stadtteil Nad Jazerom gleicht einer Reise durchs Weltall: über den Platz der
Kosmonauten gelange ich auf die Raketenstraße, diese führt mich über die
Sputnikstraße zum Gagarinplatz. – Von meiner Erkundung auf der Galaktischen Straße habe ich erst kürzlich berichtet.
Die gigantischen Plattenbausiedlungen
Lunik I-IX westlich der Altstadt von Košice schossen zwischen 1962 und 1972 aus der
Erde. Sie sind benannt nach den sowjetischen Mondsonden, die die
Vormachtstellung der UdSSR gegenüber dem kapitalistischen Westen unter Beweis
stellen sollten. Auslöser für ihren Bau war die Errichtung des Ostslowakischen
Stahlwerks (Východoslovenské železiarne, VSŽ). Das staatliche Unternehmen wurde 1959 gegründet. Der größte Metallurgie-Produzent der
Tschechoslowakei beschäftigte zeitweise bis zu 30.000 Arbeiter. Nach der Wende brachte die Regierung Mečiar das Unternehmen mit Korruptionsaffären und Vetternwirtschaft in Verruf. 2000 rettete der Pittsburgher Stahlkonzern U.S. Steel mit seinem Kauf das vor Insolvenz bedrohte
Unternehmen. Heute ist U.S. Steel der größte Arbeitgeber in der Ostslowakei.
Die Gründung des Stahlwerks VSŽ ist eng verbunden mit dem starken Bevölkerungswachstum seit
1960. Binnen zehn Jahren sprang die Einwohneranzahl in Košice von 79.400 auf 142.200. Zehntausende Wohneinheiten entstanden im Zuge des gigantischen Wohnbauprogramms, das größte in der Geschichte der Slowakei. Weitere städtische Bauprojekte wurden realisiert. Einkaufszentren,
Sport- und Kultureinrichtungen sollten dem „Neuen Menschen“ das Leben in seinem
funktionalen Habitat wohnlich gestalten.
Der 22-tausend Quadratmeter große
Betonbau des „Weißen Hauses“, ehemaliger Sitz des regionalen Komitees der Kommunistischen Partei der Tschechoslowakei, thront inmitten des neuen
Stadtviertels. Die „am schnellsten wachsende Stadt der Tschechoslowakei“ benötigte
nach Ansicht der Kommunisten ein angemessenes repräsentatives Gebäude. Schließlich
war man fest davon überzeugt, dass Košice bis zum Millenniumsjahr 300.000
Einwohner zählen würde. - Um 50.000 Menschen sind es tatsächlich weniger.
Der
Grundstein des megalomanen Bauprojektes wurde 1979 gelegt und sechs Jahre
später konnte das „Weiße Haus“ seine volle Pracht entfalten. Das Interieur mit bordeauxroten
Sesselgruppen aus Velours erinnert einprägsam an die einst prunkvolle Ära. Seit
der Revolution bezieht das Magistratsgebäude die städtische Verwaltung.
In der Altstadt von Košice sind die
kommunistischen Spuren weitaus schwieriger aufzusuchen. Peter Cábocky, ein freischaffender
Künstler aus Košice, nimmt mich mit auf einen Streifzug durch die historischen Gassen
des Stadtzentrums. Hier führen die Relikte aus der kommunistischen Ära ein
merkwürdiges Eigenleben, unsichtbar vor dem unaufmerksamen Blick vorbeieilender
Passanten.
Fortsetzung folgt...auf "Ordensträger guter Arbeit"
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