Es sollte eigentlich nur ein
kleiner Spaziergang werden durch die grünen Wälder der Kaschauer Umgebung. Der auf
der Wanderkarte grün markierte mehrstündige Pfad begann in Poproč,
einer kleinen Gemeinde in der Ostslowakei, 30 Kilometer westlich von Kaschau.
Diese liegt am Fuße der „Volovské vrchy“, dem östlichen Teil des Slowakischen
Erzgebirges. Ziel war die Siedlung Bukovec am gleichnamigen Baggersee, indem
ich schon als kleines Kind geplanscht hatte. Bei 35 Grad im Schatten erschien
mir diese „leichte“ Tour also genau das Richtige für diesen heißen Sommertag.
Während der 45-minütigen Busfahrt
mit meinem Freund aus Deutschland scherzte ich noch, was für ein schönes
Abenteuer es doch sei, in einem kleinen 2700-Seelen-Dorf zu landen und durch
unbekannte Wälder in Richtung Kaschau zurück zu wandern…
Bei der Ankunft in Poproč hieß
uns die glühende Vormittagshitze willkommen. Freistehende Einfamilienhäuser
säumten die Hauptstraße, ein grünlackierter Gartenzaun grenzte an den nächsten.
Doch von Wanderschildern fehlte weit und breit jede Spur. Das gesamte Dorf
schien in einen Dornröschenschlaf gefallen zu sein, keine Menschenseele war zu
sehen. Trotz Wanderkarte und Rucksack fühlte ich mich seltsam verloren.
Es verging noch knapp eine
Stunde, bis wir endlich die versprochene grüne Markierung des Wanderwegs fanden,
die uns innerhalb vier Stunden nach Bukovec führen sollte. Der Gedanke an den finalen
Sprung in den kühlen See motivierte uns auf jedem Schritt beim Anstieg in den Wald.
Nach kurzer Zeit wurden wir belohnt
mit einem Ausblick auf die bewaldeten Hügel des Slowakischen Karstgebirges.
Es erhebt sich bis über 1000 Meter aus den Karstebenen. Hinter der Hügelkette versteckt
im Tal liegt die nahgelegene Stadt Jasov (zu Deutsch Jossau). Diese ist bekannt
durch das Prämonstratenser-Kloster und die älteste begehbare Tropfsteinhöhle
der Slowakei.
Am Ende des Hochplateaus
erreichten wir die Bergbaukirche der hl. Anna und eine merkwürdige verrostete Tür, die
uns den Zutritt ins freie Grüne strengstens untersagte…
Nach circa zwei Stunden Wanderung
durch den üppigen, grünen Mischwald wurde der Wanderpfad immer unzugänglicher,
die Beschilderung sporadischer. Ich fühlte mich erinnert an abenteuerliche
Kindergeburtstage in den Wäldern im Bergischen Land. Nur dass uns am Ende
dieser Schnitzeljagd wohl kein Schatz mit zähen Kaubonbons und Schokoladenmünzen
erwarten würde…
Es folgten zwei Kilometer steiler
Anstieg durch kniehohes Brombeergestrüpp. Schade, dass wir statt einer Machete und
langen Hosen nur meinen kleinen, handlichen Wanderführer „Durch die Kaschauer
Wälder“ eingepackt hatten. In dem Büchlein war die Rede von einer „leichten,
gemütlichen und gut ausgeschilderten Tour“. Offensichtlich hatte nach der
Publikation seit Jahren wohl keiner mehr das hiesige Terrain betreten.
Keiner? Vermutlich kein Mensch,
Tiere aber zuhauf. Immer wieder blieben wir stehen und lauschten dem Geräusch
knackender Äste. Was tapste da durch den Wald? War es nur ein Vogel, ein Kaninchen,
ein Wildschwein oder gar ein Bär?
Der Gedanke, dass in den
slowakischen Wäldern rund 700-900 Braunbären leben, beruhigte mich in dem
Moment nicht übermäßig. Noch weniger gaben mir die Fußspuren Anlass zur Ruhe,
auf die wir kurze Zeit später gestoßen waren.
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Die nächste Etappe Schnitzeljagd
hielt uns also bei Laune. Wohin war der Wanderweg verschwunden? Wieder wateten
wir durch dorniges Beerendickicht. Die stacheligen Sträucher wirkten inzwischen
fast wie eine Massage auf unseren ohnehin schon zerkratzten Unterschenkeln.
„Eine Wanderung auf slowakischen
Wanderwegen ist härter als der Wehrdienst bei der Bundeswehr“, scherzte mein
Begleiter. Und doch, am Ende unserer Schnitzeljagd wurden wir belohnt: kurz nacheinander
huschten ein Reh und ein Hirsch mit federleichten Sprüngen durchs Geäst. Einen
größeren Schatz hätte es am Ende wohl kaum geben können – bis auf den Sprung
ins kühle Nass des Bukovecer Sees, natürlich, den wir überglücklich wie Kinder nach füneinhalb Stunden dann doch noch
erreichten.
* Von der
„Slovak Wildlife Society“ erfuhr ich am darauffolgenden Tag, dass es sich bei
unserer Spur höchstwahrscheinlich nur um einen Wolf handelte, Bären haben fünf Zehen
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