Während des Besuches des Vorstandsvorsitzenden des Deutschen
Kulturforums östliches Europa Winfried Smaczny aus Potsdam,
ließ es sich meine Großmutter nicht nehmen, ihn und seine Ehefrau zu einem Abendessen
zu sich nach Hause einzuladen. Man könne ja keinesfalls ein paar Tage in der
Slowakei verbringen ohne wenigstens einmal das slowakische Nationalgericht Bryndzové
halušky (Brimsennocken) probiert zu
haben, erklärte meine Großmutter und schwang sich sogleich die Schürze um.
Selbstverständlich
blieb es nicht allein bei der Zubereitung des erwähnten Gerichtes. Meine
Großmutter, die ursprünglich aus Mähren stammt, reichte uns am kommenden Abend
sogleich die traditionellen mährischen Küchlein aus Hefeteig. Der wohl duftende
Mohnstrudel, den sie gerade frisch aus dem Ofen holte, vermischte sich mit dem
unverwechselbaren Geruch von gebratenem Speck.
Auf Porzellan mit kobaltblauem
Zwiebelmuster – das Service darf in keiner tschechoslowakischen Familie fehlen
- servierte sie wenig später die angepriesenen Brimsennocken. Dazu tranken wir
Buttermilch. Vor und nach dem Essen wurde mehrfach mit Großvaters Sliwowitz,
einem Schnaps aus hauseigenen Pflaumen, angestoßen. Mein Großvater forderte das
Ehepaar Smaczny auf, die eigentlich keine übermäßig großen Esser sind, von den
Nocken und dem Kuchen nachzunehmen und schenkte immer wieder großzügig aus der Sliwowitz-Flasche nach. Hungrig und ganz nüchtern blieb an jenem Abend wohl
niemand…
Bryndzové halušky werden nahezu ausnahmslos von jedem Slowaken von Geburt an vergöttert.
Meine Familie erlaubte sich immer wieder gerne einen kleinen Spaß mit den
deutschen Männern, die wir über all die Jahren in unsere slowakische Heimat
brachten. Ihnen wurde das Nationalgericht „zum Test“ serviert. Mochte der Gast
das Essen, wurde er sofort zum „echten Slowaken“ deklariert.
Doch woraus
bestehen eigentlich diese hellockerfarbenen, glänzenden Nocken? Bryndzové
halušky bestehen aus Kartoffeln, der Hauptingredienz der traditionellen slowakischen
Küche. Für den Teig werden rohe Kartoffeln
gerieben und mit Mehl und Salz vermischt. Den Kartoffelteig drückt man dann, wie
auch bei österreichischen Eiernockerln, durch eine
waagerechte, mit relativ großen Löchern versehene Reibe in einen Topf mit kochendem Wasser. Die im Topf hochschwimmenden
Nocken werden kurz mit Wasser abgeschreckt und danach mit Brimsen, einem speziellen
slowakischen Schafskäse vermischt. (Diesen Käse gibt es nur in der
Slowakei zu kaufen. Da Brimsen nicht pasteurisiert wird, darf er nicht in die
EU exportiert werden.) Nach
klassischer Art werden die Kartoffelnocken mit angebratenem Speck und einem
Klacks Schmand serviert. Es gibt auch andere Varianten mit Sauerkraut oder
Dill. Zu den Brimsennocken trinkt man Buttermilch oder saure Milch.
Das traditionelle Gericht
spiegelt das ländliche Leben in der Slowakei: Die Schafszucht, die noch bis
heute betrieben wird, gehört hierzulande
zu den ältesten landwirtschaftlichen Tätigkeiten. Das Schaf war das
meistgenutzte Vieh. Es diente als Nahrungsquelle für Milch und Käse, aber auch
für die Bekleidung der Menschen. Ab dem 14. Jahrhundert trug die Schafszucht
zur Entwicklung verschiedener Zünfte bei, wie die Kürschnerei, Gerberei und
Schusterei.
Die Hirtenkultur stellt auch heute noch einen wichtigen Bestandteil
in der slowakischen Folklore dar. Hirteninstrumente wie die Fujara, eine
lange, senkrecht gehaltene Holzflöte, Schafsfelle auf dem Holzboden sowie
Gobelins an den Wänden gehören zum klassischen Inventar auf den Almhütten.
Dem Ehepaar
Smaczny haben die Brimsennocken jedenfalls geschmeckt. Ganz „erdverbunden“ sei
das Essen gewesen, teilten sie mir auf dem Rückweg ins Hotel mit. Und ich war
erleichtert, als mir Herr Smaczny am nächsten Morgen versicherte, dass ihm der Sliwowitz keinen Kater verursacht hatte…
0 Kommentare:
Kommentar veröffentlichen