„Fragt man die Bewohner von Košice, was ihnen
in ihrer Stadt am meisten fehlt, so lautet ihre Antwort: der Mühlengraben, “
sagt Milan Kolcun und meint damit einen ehemaligen Wasserkanal im Zentrum der
Stadt. Der Schriftsteller und Stadtführer kennt die Sehnsüchte der Bewohner wie
kein anderer. Kaum einen Kaschauer hat Kolcun noch nicht durch seine
Heimatstadt geführt.
Bei anhaltend 35 C° würde auch ich gerade
nichts lieber tun, als meine Badesachen zu packen und mich ins kühle Nass zu
stürzen. Doch die einzige Erfrischung in
Fußnähe sind die vielen Springbrunnen auf der Hauptgasse.
Dabei zeugen historische Bilder und Fotografien
noch von einer romantischen Kulisse mit glitzernder Wasseroberfläche am Fuße
des Jakab-Palastes. Dieser liegt an der Mühlengasse, eine Querstraße zur
Fußgängerpromenade. Ein Fluss mitten im Zentrum? Daran können sich heute nur
noch die älteren Generationen erinnern.
Der Mühlengraben, benannt nach einer Wassermühle, war ein abzweigender Kanal des Flusses Hernad. 1968 wurde das Wasser abgepumpt und die romantische Venedig-Kulisse durch eine Schnellstraße ersetzt. Seitdem dröhnt es pausenlos in der tiefen Mulde, denn die heutige Štefánik-Straße stellt die zentrale Verbindungsstrecke zwischen der Nord- und Südstadt dar.
Der Mühlengraben, benannt nach einer Wassermühle, war ein abzweigender Kanal des Flusses Hernad. 1968 wurde das Wasser abgepumpt und die romantische Venedig-Kulisse durch eine Schnellstraße ersetzt. Seitdem dröhnt es pausenlos in der tiefen Mulde, denn die heutige Štefánik-Straße stellt die zentrale Verbindungsstrecke zwischen der Nord- und Südstadt dar.
Als Erholungsgebiete im Zentrum von Košice bleiben den Bewohnern eine Handvoll Parks, die sich, dank einer 6,5 Millionen Euro schweren Rekonstruktion im Rahmen des Kulturhauptstadtprogramms, neuen Bänken, Spielplätzen und Kieswegen erfreuen dürfen. Der aufwendige Umbau der Parks, der zum Teil Grünflächen mit Betonplatten zudeckte, sorgte für viel Unmut innerhalb der Bevölkerung.
Auch Zuzana Pacaková, eine der vier
Organisatoren des Projektes „Die Rückkehr des Wassers in die Stadt“ (Návrat vody
do mesta) steht den Umbauinvestitionen der
Kulturhauptstadt kritisch gegenüber. „Ist ja schön, dass die Parks
erneuert werden, aber schade ist, dass das Thema Wasser nicht stattdessen eines
der Hauptprojekte der Kulturhauptstadt geworden ist. Das hätte das Gesicht der
Stadt wenigstens nachhaltig verändert, “ sagt die 27-Jährige.
Als Angestellte der
Kulturhauptstadtorganisation „Košice 2013“, arbeitet Zuzana für den
Projektbereich „Visuelle Kunst“. Gemeinsam mit Peter Radkoff, Inhaber
des alternativen Kulturzentrums Tabačka, Peter Vrábeľ, Mitglied der
Künstlergruppe Kassaboys, und Peter Kočiš,
Gründungsmitglied des Theaterensembles „Na Peróne“ will sie mit ihrem Projekt eine Diskussion anstoßen,
die sich sprichwörtlich für die Rückkehr des Wassers in die Stadt einsetzt.
Mit zahlreichen Wassersportarten
auf einem kleinen, noch bestehenden Teil des Wasserkanals sowie visuellen
Shows, Konzerten und Theaterauftritten holte das vierköpfige Team an diesem
Wochenende Tausende Bewohner auf die Straße. Zum ersten Mal seit 1968 wurde
hier auf der wichtigen Verbindungsstraße der Verkehr für über 48 Stunden lahm
gelegt.
In Zelten diskutierten Vertreter der Stadt,
Wassertechniker sowie Bewohner über Möglichkeiten, wie die „Rückkehr des
Wassers“ in die Štefánik-Straße realisiert werden könnte. Konkrete
architektonische Pläne gibt es dafür zwar schon, doch bislang stoßen sie bei
der Stadt aufgrund der hohen Investitionskosten, die bis in die Milliardenhöhe
gehen, auf taube Ohren.
Auch die Bewohner sind eher skeptisch, dass in der
Betonmulde irgendwann wieder Wasser fließen wird, obwohl sich eine eindeutige
Mehrheit den romantischen Mühlengraben wieder zurückwünscht. „Doch wenn es
Schuster, der ehemalige Bürgermeister von Kaschau, nicht geschafft hat, dann schafft
es keiner“, lautet die prompte Antwort eines diskutierenden Anwohners. Rudolf
Schuster, der zweimal – vor wie nach der Wende – Oberbürgermeister der Stadt
Kaschau gewesen ist und in den 1990er Jahren die Innenstadt von Grund auf
sanieren ließ, ging das Geld für weitere Rekonstruktionen im Stadtzentrum aus.
Fotostrecke
Für Zuzana Pacaková ist das kein Grund
aufzugeben. „Dass ähnliche Projekte in Europa bereits erfolgreich umgesetzt
werden konnten, zeigt etwa das niederländische Beispiel in einem Stadtviertel
der Stadt Utrecht, “ erklärt Pacaková, „Wir orientieren uns an europäischen
Städten und wollen damit zeigen: es ist
trotz hoher Kosten möglich. Doch eine
andere Sache zeigen diese Beispiele auch: es gelingt nur durch rege
Bürgerbeteiligung. In ihrer Initiative
liegt die treibende Kraft.“
Für das Projekt „Die Rückkehr des Wassers“
ließen sich an diesem Wochenende immerhin Zehntausend Bürger mobilisieren. Zu
später Stunde verwandelte sich der sonst menschenleere Betongraben in eine
Tanzmeile mit ausgelassen feiernden Jugendlichen zu Elektromusik. Die
Post-Romantik des 21. Jahrhunderts…
Fotostrecke
1 Kommentare:
Verehrte Stadtschreiberin, liebe Kristina!
Sie bringen einem die Stadt Koscice/Kaschau über Hunderte von Kilometern so wunderbar nahe, dass man sie mit all ihren Fortschritten, (noch) offenen Wünschen und bestimmt auch Problemen bald einmal aufsuchen möchte! Ich werde bei meinem Besuch dann bestimmt für alle Fälle eine Badehose mitnehmen.
Herzlichst
Erwin Klar
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