Freitag, 14. Juni 2013

Klezmer in Kaschau



Ich sitze mit Pavol Šalamon, dem Kontrabassisten der „Kaschauer Klezmer Band“, im strahlenden Sonnenschein auf der Terrasse des Café Schalkház auf der Fußgängerzone der Hauptgasse. An uns ziehen nach und nach mehrere Chöre in Trachtenkleidern vorüber. Alle zehn Meter bleiben sie stehen und geben ein Ständchen zum Besten. Die Frauen verschränken dabei ihre Arme und schwingen die Hüften mit ihren farbigen Röcken. Ab und zu ertönt dabei ein fröhliches Jauchzen.

Wir unterbrechen für einen Moment das Gespräch und beobachten das Treiben. Es ist eines dieser vielen überraschenden Momente, denen ich in Kaschau Zeuge werden darf: wieder eine neue völlig unbekannte Welt, die ich nur fasziniert beobachten kann. Bei dem diesjährigen „Sempliner Majáles“ ziehen ein Dutzend Chöre des „Kaschauer Sempliner Vereins“ durch die Fußgängerzone.

Dazu ist es heute auch noch einer dieser warmen Vormittage, an denen man sich am besten einfach auf die Hauptgasse pflanzt, eine Tasse ausgesprochen guten Espresso genießt (denn auf ihren "Presso" legen die Kaschauer großen Wert!) und die vorbeiflanierenden Menschen beobachtet. Eines fällt auf: in Kaschau haben die Menschen Zeit. – Ein seltenes Gut, was in Paris, Berlin, New York oder anderswo kaum noch anzufinden ist. Hier habe ich noch niemanden hektisch durch die Straßen hasten gesehen. 

Mit meinem Gesprächspartner lasse ich mir nun ganz nach Kaschauer Art die Sonne ins Gesicht scheinen. Pavol Šalamon erzählt mir indes die Gründungsgeschichte seiner Kapelle, die größtenteils aus Freizeitmusikern wie ihm besteht. Vor zwei Jahren rief ihn sein Bandkollege, der Klarinettist Vlado Sidimák auf, eine Klezmer Kapelle ins Leben zu rufen. Sie studierten an langen Abenden alte Platten mit Klezmer Musik. Inspiriert von den Stücken des Komponisten Ferenc Jávori der Budapest Klezmer Band, stellten sie ihre eigenen Stücke zusammen. Diese klingen für meine ungeübten Ohren wie eine Mischung aus russischen und arabischen Melodien, Balkanbeats und ein Hauch ostslowakischer Folklore.



Klezmer entstand irgendwo in Osteuropa in Gemeinden mit hoher jüdischer Bevölkerungsdichte irgendwann zwischen dem 17. und 19. Jahrhundert – so genau kann das heute keiner mehr sagen. In jüdischen Vierteln Polens, Weißrusslands, Rumäniens, der Ukraine oder der heutigen Ostslowakei spielte die Klezmer-Musik eine zentrale Rolle im Alltag der Juden. Ein Sprichwort besagt demnach: „Eine Hochzeit ohne Klezmer ist schlimmer, als eine Beerdigung ohne Tränen.“ Der Begriff Klezmer kommt aus dem Hebräischen und setzt sich aus den beiden Wortsilben „kley“ (Gefäß) und „zmer“ (Melodie) zusammen. Frei übersetzt also „Musikgefäß“ oder „Musikinstrument“.

Die Kaschauer Klezmer Band spielt nicht ausschließlich auf jüdischen Veranstaltungen – ganz im Gegenteil. Ich selbst traf die Kapelle bereits auf zwei Konzerten: einmal im „Haus der Künste“ (Musikhaus) und ein anderes Mal bei einer Eröffnungsfeier in der ostslowakischen Kunstgalerie

Die Zusammensetzung der Kapelle ist eine typische Kaschauer Mischpoke: „Unsere Musiker kommen aus unterschiedlichen Ecken der Slowakei und sprechen verschiedene Sprachen“, sagt Pavol Šalamon. Mit ihrer Musik will die Musikkapelle schlichtweg Menschen erreichen, „Das Schöne an Musik ist, sie überwindet nationale Grenzen und sprachliche Barrieren!“ 

Im Rahmen des jüdischen Kulturfestivals Mazal Tov! (18-22.07) wird die Kaschauer Klezmer Band als Vorgruppe der Budapest Klezmer Band am 20. Juli im historischen Rathaus von Kaschau (auf der Hlavná/ der Hauptgasse 59) auftreten.
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1 Kommentare:

Sarah hat gesagt…

Du schreibst ganz wunderbar, liebe Kika! Bisous aus Mainz!

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