Ich sitze mit Pavol Šalamon,
dem Kontrabassisten der „Kaschauer
Klezmer Band“, im strahlenden Sonnenschein auf der Terrasse des Café Schalkház
auf der Fußgängerzone der Hauptgasse. An uns ziehen nach und nach mehrere Chöre
in Trachtenkleidern vorüber. Alle zehn Meter bleiben sie stehen und geben ein
Ständchen zum Besten. Die Frauen verschränken dabei ihre Arme und schwingen die
Hüften mit ihren farbigen Röcken. Ab und zu ertönt dabei ein fröhliches Jauchzen.
Wir unterbrechen für einen Moment das Gespräch und beobachten das Treiben. Es ist eines
dieser vielen überraschenden Momente, denen ich in Kaschau Zeuge werden darf: wieder eine neue völlig unbekannte Welt, die ich nur fasziniert beobachten kann. Bei dem diesjährigen „Sempliner Majáles“ ziehen
ein Dutzend Chöre des „Kaschauer
Sempliner Vereins“ durch die Fußgängerzone.
Dazu ist es heute auch noch einer
dieser warmen Vormittage, an denen man sich am besten einfach auf die
Hauptgasse pflanzt, eine Tasse ausgesprochen guten Espresso genießt (denn auf ihren "Presso" legen die Kaschauer großen Wert!) und die
vorbeiflanierenden Menschen beobachtet. Eines fällt auf: in Kaschau haben die
Menschen Zeit. – Ein seltenes Gut, was in Paris, Berlin, New York oder anderswo kaum noch anzufinden ist. Hier habe ich noch niemanden hektisch
durch die Straßen hasten gesehen.
Mit meinem Gesprächspartner lasse
ich mir nun ganz nach Kaschauer Art die Sonne ins Gesicht scheinen. Pavol Šalamon
erzählt mir indes die Gründungsgeschichte seiner Kapelle, die größtenteils aus Freizeitmusikern
wie ihm besteht. Vor zwei Jahren rief ihn sein Bandkollege, der Klarinettist Vlado
Sidimák auf, eine Klezmer Kapelle ins Leben zu rufen. Sie studierten an langen Abenden alte
Platten mit Klezmer Musik. Inspiriert von den Stücken des Komponisten Ferenc
Jávori der Budapest Klezmer
Band, stellten sie ihre eigenen Stücke zusammen. Diese klingen für meine
ungeübten Ohren wie eine Mischung aus russischen und arabischen Melodien,
Balkanbeats und ein Hauch ostslowakischer Folklore.
Klezmer entstand irgendwo in
Osteuropa in Gemeinden mit hoher jüdischer Bevölkerungsdichte irgendwann
zwischen dem 17. und 19. Jahrhundert – so genau kann das heute keiner mehr
sagen. In jüdischen Vierteln Polens, Weißrusslands, Rumäniens, der Ukraine oder
der heutigen Ostslowakei spielte die Klezmer-Musik eine zentrale Rolle im
Alltag der Juden. Ein Sprichwort besagt demnach: „Eine Hochzeit ohne Klezmer
ist schlimmer, als eine Beerdigung ohne Tränen.“ Der Begriff Klezmer kommt aus
dem Hebräischen und setzt sich aus den beiden Wortsilben „kley“ (Gefäß) und
„zmer“ (Melodie) zusammen. Frei übersetzt also „Musikgefäß“ oder „Musikinstrument“.
Die Kaschauer Klezmer Band spielt
nicht ausschließlich auf jüdischen Veranstaltungen – ganz im Gegenteil. Ich
selbst traf die Kapelle bereits auf zwei Konzerten: einmal im „Haus der Künste“ (Musikhaus) und ein anderes Mal bei
einer Eröffnungsfeier in der ostslowakischen
Kunstgalerie.
Die Zusammensetzung der Kapelle ist
eine typische Kaschauer Mischpoke: „Unsere Musiker kommen aus
unterschiedlichen Ecken der Slowakei und sprechen verschiedene Sprachen“, sagt
Pavol Šalamon. Mit ihrer Musik will
die Musikkapelle schlichtweg Menschen erreichen, „Das Schöne an Musik ist, sie überwindet
nationale Grenzen und sprachliche Barrieren!“
Im Rahmen des jüdischen
Kulturfestivals Mazal
Tov! (18-22.07) wird die Kaschauer
Klezmer Band als Vorgruppe der Budapest Klezmer Band am 20. Juli im
historischen Rathaus von Kaschau (auf der Hlavná/ der Hauptgasse 59) auftreten.
1 Kommentare:
Du schreibst ganz wunderbar, liebe Kika! Bisous aus Mainz!
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